Das Politische Jahr 2022
Im zweiten Jahr der Federführung durch die Diakonie Deutschland war das prägende Ereignis der völkerrechtswidrige Aggressionskrieg Russlands gegen die Ukraine und seine einschneidenden Auswirkungen und Begleiterscheinungen für Deutschland. Dies hat vieles andere, auch Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag, in den Hintergrund gedrängt.
Krieg in der Ukraine
Das Gespräch mit dem Bundeskanzler am 16. März stand ganz unter diesem Eindruck. Im Laufe des Jahres schlossen sich dazu mehrere Gespräche u.a. mit der Beauftragten der Bundesregierung für Migration und Integration, Frau Alabali-Radovan, mit Bundesinnenministerin Faeser und Bundesarbeitsminister Heil an. Dabei ging es einerseits um Fragen der Integration und Begleitung der sprunghaft mehr werdenden geflüchteten Menschen und im weiteren Verlauf zunehmend auch um die Frage der Sicherung der sozialen Infrastruktur vor dem Hintergrund der massiv ansteigenden Energiepreise und anziehender Inflation.
Unter Federführung des BMFSFJ wurde eine ressort- und verbandsübergreifende Arbeitsgruppe zur Evakuierung von Holocaust-Überlebenden aus der Ukraine gegründet, die sich erfolgreich für den Transport und die Unterbringung insbesondere auch von pflegebedürftigen Überlebenden der Shoa einsetzte.
Auch das BMI richtete eine „Staatlich-zivilgesellschaftliche Koordinierungsrunde Geflüchtetenaufnahme UKR“ ein, in der alle relevanten Ressorts und viele zivilgesellschaftliche Organisationen ihre Aktivitäten im Hinblick auf die Ukraine miteinander abgestimmt haben.
Die Mitgliederversammlung der BAGFW hat zeitnah eine Ad-hoc-AG Ukraine gegründet und mandatiert, auch kurzfristig Entscheidungen für die BAGFW zu treffen, um im Kontext der Ukraine-Krise handlungsfähig zu sein.
Seit Februar erleben wir die größte Fluchtbewegung in Europa seit dem 2.Weltkrieg. Das eindrucksvoll schnelle und pragmatische Handeln von Staat und Zivilgesellschaft ermöglichte die humanitäre Aufnahme von fast 8 Millionen Geflüchteter innerhalb weniger Wochen in der EU. Die freie Wahl des Zufluchtslandes und auch des Wohnorts in Deutschland und vor allem die private Unterbringung hat eine Überlastung der Erstaufnahmesysteme verhindert. Bis heute ist ein Großteil der Menschen aus der Ukraine bei Verwandten, Freunden oder anderen privaten Unterkünften untergebracht. Nach der größtenteils restriktiven deutschen und europäischen Flüchtlingspolitik der letzten Jahre sind in den Vereinfachungen, die für ukrainische Schutzsuchende geschaffen wurden, die Anfänge einer pragmatischen und menschenrechtsbasierten Aufnahmepraxis sichtbar.
Da die Geflüchteten zu einem großen Anteil Frauen und Kinder waren, ging es etwa um die erforderliche schnelle Unterstützung im Bereich Kita, Schule, Begleitung und Sprachmittlung. Aber auch um notwendige Regelungen hinsichtlich der gesundheitlichen Versorgung, des Zugangs zu Arbeit und zum rechtlichen Status.
Wir haben uns ergänzend auch für eine Stärkung der bewährten bestehenden Strukturen, etwa der Migrationsberatung eingesetzt. Dafür wurden im Laufe des Jahres auch zusätzliche Mittel bewilligt, ebenso wie für die sozialpsychiatrische Betreuung in den entsprechenden Zentren der Freien Wohlfahrtspflege.
In diesen Kontext gehört aus unserer Sicht auch eine zeitnahe und flächendeckende Umsetzung einer unabhängigen Asylverfahrensberatung, für die wir uns als BAGFW schon länger einsetzen.
Zur Sicherung der sozialen Infrastruktur hat sich die BAGFW in einem Schreiben an die zuständigen Ressorts gewandt, in dem u.a. Vorschläge zur Entlastung der Einrichtungen und Dienste in der Energiekrise formuliert worden sind. Wenn Einrichtungen der Altenhilfe, der Eingliederungshilfe oder Kindertagesstätten ihre Arbeit einstellen oder erheblich herunterfahren müssen, weil sie Teile ihrer Immobilien nicht heizen können bzw. ihnen die Liquidität fehlt, extrem gestiegene Energierechnungen zu bezahlen, ist das für die Nutzer:innen und deren Familien unzumutbar. So entsteht für unseren Sozialstaat und unsere Gesellschaft ein nicht zu verantwortender Schaden. Es bestand zeitweise die begründete Befürchtung in Anbetracht der sich abzeichnenden Entwicklungen, dass es ohne eine konzertierte Unterstützung des Bundes für die Einrichtungen im Herbst/Winter 2022/23 zu einer spürbaren Einschränkung der sozialen Dienstleistungsangebote und gar zu einer Vielzahl von Insolvenzen kommen wird: Die Versorgung mit sozialen Dienstleistungen der Daseinsvorsorge wäre gefährdet gewesen und mit ihr die Versorgung genau jener Menschen, die in dieser Krise auf Unterstützung besonders angewiesen gewesen sind. Die Interventionen haben jedoch tatsächlich zu einer Verbesserung der Situation für die sozialen Einrichtungen und Dienste geführt. Auch die Tatsache, dass Frau Welskop-Deffaa in die Unabhängige Gas-Wärme-Kommission berufen wurde, hat zahlreiche Interventionsmöglichkeiten eröffnet. Die Freie Wohlfahrtspflege und die sozialen Dienstleister sind im Abschlussbericht positiv berücksichtigt worden.
Ein Konzept zur Förderung von Energiesparmaßnahmen durch die Beratungsstrukturen der Verbände, sowie ihre Zugänge zu Belegschaften und Klient:innen in den Diensten und Einrichtungen wurde kurzfristig entwickelt und mit Staatssekretärin Gottstein erörtert. Eine endgültige Entscheidung hierzu wurde allerdings bis zum Jahreswechsel nicht getroffen.
Die schließlich beschlossenen vielfältigen Entlastungspakete der Bundesregierung wurden von der BAGFW begrüßt. Sie unterstützen private Haushalte, sichern aber auch Träger und Einrichtungen im Sozialbereich. Durch Einsatz erheblicher Finanzmittel ist es gelungen, die von drastisch steigenden Energiepreisen betroffenen Menschen wirksam zu entlasten. Die BAGFW hält allerdings eine stärkere soziale Differenzierung und schnellere Wirksamkeit von Maßnahmen für notwendig, denn von relativer Armut betroffene Haushalte haben kaum Möglichkeiten Preissteigerungen und Inflation zu kompensieren.
Es wurde schnell deutlich, dass eine Krise dieses Ausmaßes nicht alleine durch den Bund bewältigt werden kann. Hier sind auch die Länder und Kommunen gefragt. Das betrifft insbesondere die Kinder- und Jugendhilfe und die Eingliederungshilfe sowie Frauenhäuser und Beratungsstellen.
Pandemie
Aber auch das Thema Corona-Pandemie hat uns im Jahr 2022 – wenn auch nicht mehr so prägend wie in den beiden Vorjahren – weiterhin begleitet. Es bestand vor allem die Sorge, dass die coronabedingten Mehrausgaben und Mindereinnahmen insbesondere von Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Einrichtungen der Eingliederungshilfe und Pflegeeinrichtungen auch abseits eines Zeitraums der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite eine betriebswirtschaftlich existenzbedrohende Herausforderung darstellen.
In dem vom BMFSFJ eingerichteten „Corona-Kita-Rat“ hat die BAGFW intensiv mitgearbeitet.
Pflege
Grundlegenden Reformbedarf sieht die BAGFW nach wie vor im Bereich der Pflege und der Pflegeversicherung. Auch der Koalitionsvertrag sieht hier Handlungsnotwendigkeiten. Die Pflege in Deutschland läuft auf eine dramatische Situation zu. Die brisante Entwicklung findet aus Sicht der BAGFW politisch aber zu wenig Beachtung. Aufgrund verschiedener Faktoren (u. a. Energiekrise, aber auch der zu begrüßenden besseren Personalausstattung, der Umsetzung der Tariftreueregelungen, Tarifsteigerungen) nehmen die in der stationären Pflege zu zahlenden Eigenanteile der Bewohner:innen mit durchschnittlich deutlich über 2000 Euro monatlich inzwischen Dimensionen an, die von den meisten Menschen aus ihrer Rente nicht mehr zu finanzieren sind. Die Folge sind steigende Anteile von Hilfe zur Pflege mit entsprechenden Belastungen für die Kommunen. In der ambulanten Pflege führt dies zu einer Entwertung der Leistungen der Pflegeversicherung, d. h. es gibt weniger Leistung für dasselbe Geld und Pflegebedürftige oder Angehörige müssen Leistungen selbst finanzieren oder erbringen. Parallel nimmt der Fach- und Arbeitskräftemangel inzwischen solche Ausmaße an, dass die Träger von stationären Pflegeeinrichtungen vielerorts - trotz großen Bedarfs und langer Wartelisten - Plätze abbauen oder gar Wohnbereiche schließen müssen, da die Versorgung mit vorhandenen Arbeitskräften nicht zu gewährleisten ist. In der ambulanten (häuslichen) Pflege kann an vielen Orten in Deutschland die Pflege zu Hause für neue Pflegebedürftige nicht übernommen werden, da die Pflegekräfte fehlen und z. T. deswegen sogar pflegebedürftigen Menschen, die bisher versorgt wurden, gekündigt werden musste. Eine Reform müsste vor allem mindestens Folgendes sicherstellen :
· Pflegende Angehörige unterstützen
· Kosten für Pflegebedürftige senken und Eigenanteile begrenzen
· Finanzierung von Pflege nachhaltig sicherstellen
· Pflegebedürftigkeit durch Angebote der Prävention, Gesundheitsförderung und
Rehabilitation verringern und verhindern
· Pflege als zentralen Bestandteil öffentlicher Daseinsvorsorge verankern.
Nachhaltigkeit
Alle Spitzenverbände sind sehr engagiert im Bereich von Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Dazu gab es auch mit der neuen Bundesumweltministerin und dem Parlamentarischen Staatssekretär im Klimaministerium Gespräche um Fördermöglichkeiten und eine Intensivierung der Anstrengungen. Die Förderrichtlinie „Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen“ wurde dem Grunde nach begrüßt, ihre zu geringe Ausstattung aber bemängelt. Nach wie vor ist die strategische Bedeutung der Träger und Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele der Bundesregierung und der Bekämpfung der dramatischen Folgen des Klimawandels politisch nicht hinreichend erkannt. Eine systematische Förderung der gemeinnützigen Träger etwa bei den Themen Sanierung der Gebäude, nachhaltige Beschaffung sowie Mobilität und eine Verankerung der Verpflichtung zur Nachhaltigkeit verbunden mit entsprechenden Refinanzierungsmöglichkeiten der sehr erheblichen Investitionen markieren ein dringendes politisches Desiderat, zumal diese Träger tagtäglich an der Umsetzung vieler SDG - Ziele bereits engagiert arbeiten. Um die Aktivitäten der Verbände hier noch besser zu koordinieren, wurde eine AG Nachhaltigkeit und Klima gründet.
Inklusion
Im Bereich der Behindertenhilfe gab es eine Reihe von Initiativen der Bundesregierung. Von besonderer Bedeutung war hier die Gesetzgebung zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben müssen grundsätzlich so ausgestaltet werden, dass sie den Menschen mit Behinderung und seine Fähigkeiten und Wünsche zum Ausgangspunkt nehmen. Damit dies gelingt, muss umfassend und neu gedacht werden. Denn alle Versuche, dieses Ziel zu erreichen, endeten bisher mit der Einführung weiterer Instrumente zur Teilhabe am Arbeitsleben, die für bestimmte Zielgruppen ihre Berechtigung haben, den Arbeitsmarkt aber nicht hinreichend inklusiv gestalten. Vor diesem Hintergrund hat die BAGFW vorgeschlagen, eine Enquete-Kommission zur Umsetzung der UN BRK einzurichten und zu nutzen, um unter Mitarbeit von Menschen mit Behinderungen und ihrer Verbände, Vertreter:innen inklusionserfahrener Organisationen aus der Praxis, Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarkts, Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, Wohlfahrtsverbänden sowie Schwerbehindertenvertreter:innen und Werkstatträt:innen Strategien zu erarbeiten, wie sich der in weiten Teilen exklusive Arbeitsmarkt zu einem allgemeinen inklusiven Arbeitsmarkt mit gleichwertigen Zugangsmöglichkeiten für alle Menschen entwickeln kann. Erforderlich ist ein Paradigmenwechsel hin zu einem inklusiven und humanen Arbeitsmarkt.
Bürgergeld
Eines der zentralen Vorhaben der Bundesregierung in der laufenden Legislaturperiode ist die Beendigung des „Hartz-IV-Regimes“ und sein Ersatz durch ein „Bürgergeld“. Die Gesetzgebung dazu ist abgeschlossen, das Gesetz trat zum 01.01.2023 in Kraft. Die BAGFW hat sich im Zuge des Gesetzgebungsprozesses mehrfach in die politische Diskussion eingebracht. Zahlreiche Regelungsinhalte, insbesondere im Bereich der Förderung von Grund- und Weiterbildung, waren aus Sicht der BAGFW geeignet, die Chancen für Leistungsberechtigte für eine nachhaltige Integration am Arbeitsmarkt zu verbessern.
Ein zentraler Aspekt zur Stärkung der sozialen Absicherung wurde und wird allerdings kritisch gesehen, nämlich die dringend nötige Erhöhung der Regelbedarfe. Die bisherige Methode der Regelsatzberechnung ist nicht sachgerecht, sondern führt vielmehr dazu, dass die Regelbedarfe künstlich kleingerechnet sind. Es fehlt zudem ein adäquater Mechanismus, um die zuletzt in kürzester Zeit massiv gestiegenen Preise (Inflation, Energie) zeitnah und sachgerecht bei der Regelsatzbemessung zu berücksichtigen. Die Verbände fordern eine schnellstmögliche und bedarfsgerechte Neubemessung der Regelsätze und ihre deutliche Anhebung.
Bürgerschaftliches Engagement
Bürgerschaftliches Engagement hat in den vergangenen Jahren stark an Relevanz und Dynamik gewonnen. Es hat sich auch in krisenhaften Situationen immer wieder als zuverlässige Stütze des Gemeinwohls erwiesen. Zugleich hat sich gezeigt, dass das Engagement gute Rahmenbedingungen, förderliche Strukturen und Unterstützung benötigt, um seine Wirkungen entfalten zu können. Bürgerschaftliches Engagement und damit auch das Ehrenamt ist eine der tragenden Säulen der Wohlfahrtsverbände wie des demokratischen Gemeinwesens. Die Verbände teilen die Überzeugung, dass bürgerschaftliches Engagement eine gestalterische Kraft von zentraler Bedeutung für eine solidarische, werteorientierte und offene Gesellschaft darstellt.
Vor dem politischen Hintergrund der vom BMFSFJ in Angriff genommenen Entwicklung einer Engagementstrategie des Bundes hat die BAGFW ihr Grundsatzpapier von 2013 „Bürgerschaftliches Engagement als Aufgabe der Freien Wohlfahrtspflege“ novelliert. Die Grundsätze des bürgerschaftlichen Engagements - Freiwilligkeit, Unentgeltlichkeit und Gemeinwohlorientierung - haben für die BAGFW unverändert Gültigkeit. Zentraler Aspekt ist die wirksame Förderung von Engagement. Je besser, kontinuierlicher und nachhaltiger institutionelle und finanzielle Förderung erfolgen, sowohl für die Verbände und ihre Gliederungen generell wie auch für die spezifische Engagementinfrastruktur, desto nachhaltiger kann Engagement wirken und gelingen. Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege sind hierfür wichtige Partner. Sie sind Solidaritäts- und Gemeinschaftsstifter, nehmen anwaltschaftliche Funktionen wahr, organisieren soziale Dienstleistungen, unterstützen und fördern die Selbsthilfe und sind Motor sozialer Innovationen. Traditionelle Wurzeln und Werte der Verbände sowie die freiheitliche demokratische Grundordnung Deutschlands bilden dafür das Fundament.
Gemeinnützigkeit
Ein wichtiger Kern des Selbstverständnisses der Freien Wohlfahrtspflege ist die Gemeinnützigkeit ihrer Einrichtungen und Dienste. In Anbetracht der in der neuen Bundesregierung wieder verstärkt geführten Debatte über eine besondere Rechtsform und Förderung von gemeinwohlorientierten Unternehmungen hat die BAGFW ein weiteres Grundsatzpapier zum „Vorrang der Gemeinnützigkeit“ erarbeitet. Die gemeinnützigen Organisationen des Dritten Sektors erbringen wesentliche und unverzichtbare Dienstleistungen in vielen Bereichen der Gesellschaft. Sie organisieren darüber hinaus bürgerschaftliches Engagement und leisten einen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt. Gerade in den zurückliegenden herausfordernden Jahren der Covid - 19 - Krise haben das viele Einrichtungen und Träger der Freien Wohlfahrtspflege eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Der staatlich vergebene Status der Gemeinnützigkeit bedeutet, dass diese Organisationen im Interesse des Gemeinwohls handeln. Es läge daher nahe, diese Organisationen bevorzugt zu behandeln, wenn es um die Erfüllung öffentlicher Aufgaben geht. Dies entspräche auch dem konstituierenden Prinzip der Subsidiarität. Leider ist dies nicht der Fall. Im Gegenteil, oft werden von staatlicher Seite privat-gewerbliche oder öffentliche Anbieter strukturell bevorzugt. In den letzten Jahren sogar mit zunehmender Tendenz. Dabei wird z.T. auf europäisches Recht verwiesen, das den Status der Gemeinnützigkeit nicht kennt. Wir setzen uns vor diesem Hintergrund für eine Vorrangstellung gemeinnütziger Organisationen in den Sozialgesetzbüchern, den Förderprogrammen des Bundes, der Länder und der Kommunen und auf europäischer Ebene ein.
Innovationsstrategie
In diesem Zusammenhang ist auch die vom BMWK und BMBW geplante Strategie für soziale Innovationen zu verorten. Im Vorfeld eines Entwurfes kam es im Dezember des Jahres zu einem kleinen Workshop mit der Beauftragten des BMBW für soziale Innovationen. Die BAGFW konnte dort ihre Position darlegen. Es besteht nun die Hoffnung, dass sich dies auch in der politischen Strategie niederschlägt.
Muslimische Wohlfahrtspflege / Empowermentprojekt
Das vom BMFSFJ geförderte „Empowermentprojekt zur muslimischen Wohlfahrtspflege“ ist 2022 mit einer Abschlusstagung beendet worden. Die BAGFW wird in der Folge eine Vernetzungstagung mit ausgewählten muslimischen Organisationen durchführen.
Europa
Neben vielen anderen aktuellen Fragestellungen hat sich die BAGFW auf europäischer Ebene mit dem Beihilferecht und Fragen des Mindesteinkommens befasst. Dabei hat sie die Initiative der EU-Kommission für eine Empfehlung des Rates zu angemessenen Mindesteinkommensregelungen in der EU begrüßt. Die anhaltende Corona-Pandemie hat erneut die Notwendigkeit von funktionierenden Sozialleistungssystemen sowie pragmatischen, Komplexität reduzierenden Strategien belegt, um die sozioökonomischen Auswirkungen von Krisensituationen zukünftig besser bewältigen zu können. Doch schon vor der Pandemie verfügten die allermeisten EU-Mitgliedstaaten über keinen ausreichenden Mindestsicherungsschutz. Da gemeinsame Standards entscheidend sind, um die soziale Aufwärtskonvergenz zwischen den EU-Mitgliedstaaten zu verwirklichen, muss das mittelfristige Ziel jedoch weiterhin sein, einen rechtsverbindlichen EU-Rahmen für Mindestsicherungssysteme zu schaffen, zum Beispiel in Form einer EU-Richtlinie.
Beim Thema Beihilferecht ging es vor allem um eine Positionierung zur Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) sowie der DAWI- und der (allgemeinen) De-minimis-Verordnung.
Gespräch mit der BAG Österreich
Im April 2022 wurde in Wien mit einem weiteren Begegnungstreffen der gute Kontakt zur BAG Österreich intensiviert. Wichtige Punkte des eintägigen Treffens waren hier die die Einschätzungen der Folgen des Krieges in der Ukraine sowie die Altenhilfe mit ähnlichen Problemen und ausstehenden Lösungsansätzen in Österreich und Deutschland. Diese Treffen sollen fortgesetzt werden.
Israel-Reise
Auf Einladung der ZWST und in Begleitung der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Frau Lisa Paus, sind Vertreter:innen der Spitzenverbände und der BAGFW vom 11.-15.09.2022 nach Israel und in die Autonomiegebiete gefahren, um sich mit Politiker:innen und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft auszutauschen. Den Höhepunkt dieser Reise bildete der Besuch beim israelischen Staatspräsidenten, Jitzchak Herzog, in seiner Residenz in Jerusalem. Die Begegnungen in den Autonomiegebieten hatte das DRK mit seiner Partnerorganisation vor Ort organisiert.
Mitgliederversammlung
In der Zusammensetzung der Mitgliederversammlung ergab sich eine personelle Veränderung von Prof. Dr. Schubert zu Herrn Michael Groß. Herr Groß wurde zum Vizepräsidenten der BAGFW gewählt. Die MV hat zudem eine „Exekutiv-Kommission“ eingerichtet, die in Vertretung der Mitgliederversammlung im Bedarfsfall schnell reagieren und Entscheidungen für die BAGFW treffen können soll. Der Vorsitz liegt jeweils beim federführenden Verband.
Geschäftsstelle
Das Mandat der ESF-Regiestelle wurde für die neue Förderperiode des ESF durch das BMAS verlängert. Die Regiestelle kann ihre Arbeit jetzt mit dem Programm „rückenwind+“ fortführen. Der Umfang beläuft sich auf ca. 60 Mio. Euro an Fördermitteln. Eine weitere Personalstelle wurde eingerichtet.
Auch die Koordinierungsstelle für das Förderprogramm des BMFSFJ zur Digitalisierung konnte in 2022 ihre Arbeit erfolgreich fortsetzen.
Zur Modernisierung und Digitalisierung des Fördermittelmanagements der BAGFW, insbesondere im Hinblick auf die GlücksSpirale wurde eine Förderung durch die GlücksSpirale beantragt und bewilligt. Anfang 2024 soll dieses Projekt umgesetzt sein und eine erheblich bessere Abwicklung und Steuerung des Fördermittelmanagements der BAGFW und der Spitzenverbände erlauben.
Finanzen
Als lange erstrebter und großer Erfolg ist die gelungene Verstetigung der für die Spitzenverbände relevanten Haushaltstitel in der Finanzplanung des Bundes zu verzeichnen. Die im Jahre 2016 vorgenommene letzte Anhebung der Mittel im Titel
6 84 04 ist nunmehr Bestandteil der Regierungsplanung und wird nicht jedes Jahr erneut in Frage gestellt. Diese Verstetigung verbessert die Planbarkeit der Einnahmen an einer sehr wichtigen Stelle.
Im Zuge des Ukraine-Krieges wurden z.T. sehr kurzfristig erhebliche Mittel zur Unterstützung der Beratung und Betreuung für Geflüchtete aus der Ukraine zur Verfügung gestellt. Da es sich hier oft um Einmalzahlungen gehandelt hat, war eine sachgerechte Umsetzung oft schwierig. Insbesondere dann, wenn für deren Umsetzung personelle Erweiterungen notwendig waren.
Insgesamt war es ein sehr arbeitsintensives Jahr. Wir möchten die Gelegenheit nutzen, uns bei allen Partner:innen und Unterstützer:innen innerhalb und außerhalb der BAGFW, und ausdrücklich bei den Mitarbeitenden der Geschäftsstelle herzlich für die Zusammenarbeit zu bedanken.