Jahresbericht 2024 des Fachausschusses Gemeinnützigkeit und Steuern
Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts
Die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP hatte in der laufenden Legislaturperiode eine weitere Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts geplant. Der Fachausschuss hat die bestehenden rechtspolitischen Vorschläge der Freien Wohlfahrtspflege, insbesondere im Gemeinnützigkeits- und Umsatzsteuerrecht überarbeitet und den Änderungsbedarf begründet. Die Vorschläge wurden im Januar 2024 mit dem Gemeinnützigkeitsreferat des BMF besprochen.
Durch das Jahressteuergesetz 2024 wurden die gemeinnützigen Zwecke der Abgabenordnung (§ 52 AO) durch eine Einführung der Wohngemeinnützigkeit ergänzt. Es besteht nun die Möglichkeit, Wohnraum an hilfsbedürftige Menschen unterhalb der Marktmiete zu vermieten. Die neu eingeführte Regelung beinhaltet diverse wirtschaftliche und rechtliche Umsetzungsprobleme. Der Fachausschuss hat die offenen Fragen der Regelung diskutiert. Weiterhin ist die Freie Wohlfahrtspflege von der Neuformulierung der Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen (§ 4 Nummer 21a UstG) betroffen. Bildungsangebote der Freien Wohlfahrtspflege, zum Beispiel in Einrichtungen der stationären Altenpflege oder in Krankenhäusern, die thematisch auch der Freizeitgestaltung der Bewohner/Patienten zugeordnet werden könnten, könnten danach künftig umsatzsteuerpflichtig werden. Der Fachausschuss hat seine Bedenken in einer Stellungnahme an das BMF übermittelt.
Weitere Änderungen des Gemeinnützigkeitsrechts waren mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz geplant. Die dort vorgesehene Regelung zur politischen Betätigung gemeinnütziger Körperschaften diente der Klarstellung und entsprach der bisherigen finanzgerichtlichen Rechtsprechung sowie der derzeitigen Verwaltungsauffassung. Einer Klarstellung diente auch die geplante Aufnahme einer Regelung zur Erzeugung von Energie aus Fotovoltaik, insbesondere zum Eigenverbrauch, in der gemeinnützigen Körperschaft.
Im Steuerfortentwicklungsgesetz war außerdem die Streichung des Gebots der zeitnahen Mittelverwendung (§ 55 Abs. 1 Nummer 5 AO) vorgesehen. Im Gebot der zeitnahen Mittelverwendung ist geregelt, dass die Mittel einer gemeinnützigen Körperschaft innerhalb von zwei Kalenderjahren nach Zugang für die gemeinnützigen Satzungszwecke verwendet werden müssen. Als Folge der Streichung des Gebots der zeitnahen Mittelverwendung wären auch die Regelungen zur Bildung von Rücklagen, zur Zuführung zu eigenen Vermögenswerten (§ 62 AO) sowie Regelungen zur tatsächlichen Geschäftsführung in gemeinnützigen Körperschaften (§ 63) gestrichen worden. Eine Streichung des Gebots der zeitnahen Mittelverwendung hätte zwar zu Bürokratieabbau geführt, gleichzeitig wäre jedoch eine erhebliche Rechtsunsicherheit entstanden. Unklar wäre ab wann eine gemeinnützige Körperschaft, durch eine verzögerte Verwendung von gemeinnützigkeitsrechtlich gebundenen Mitteln sowie Bildung von Rücklagen, überwiegend eigenwirtschaftliche Interessen verfolgt. Der Fachausschuss hat die Auswirkungen analysiert und die Bedenken in einer Stellungnahme an das BMF übermittelt. Im weiteren Verlauf wurden die Bedenken auch durch den Bundesrat aufgegriffen. Der Bundesrat hat sich in seiner Stellungnahme für die Beibehaltung des Gebots der zeitnahen Mittelverwendung bei gleichzeitiger Erhöhung der Bagatellgrenze von Euro 45.000 auf Euro 80.000 ausgesprochen. Die BAGFW hat in einer Stellungnahme an den Bundesrat die Vorschläge begrüßt und um Berücksichtigung im Gesetzgebungsverfahren gebeten. Nach dem Bruch der Regierungskoalition war keine politische Mehrheit zur Umsetzung dieser Vorschläge mehr vorhanden.
Umsatzsteuerliche Organschaft
Wegen eines Vorlageverfahres des BFH beim EuGH zur Steuerbarkeit von Innen- umsätzen in der umsatzsteuerlichen Organschaft, bestanden erhebliche Befürchtungen hinsichtlich der Unionsrechtskonformität einzelner Regelungen zur umsatzsteuerlichen Organschaft des deutschen Umsatzsteuergesetzes. Eine Steuerbarkeit der Innenumsätze im Organkreis hätte zu einer maßgeblichen Verteuerung der Leistungen vor allem in den Unternehmensverbünden der Freien Wohlfahrtspflege geführt. Der Fachausschuss hat den Fortgang des Verfahrens verfolgt und sich mit möglichem Handlungsbedarf in der Freien Wohlfahrtspflege befasst. Dieser ist jedoch nicht eingetreten, da der EuGH mit seinem Urteil vom 11.07.2024 die Nichtsteuerbarkeit der Innenumsätze im Organkreis bestätigt hat. Die diesbezügliche Regelung des deutschen Umsatzsteuergesetzes ist unionsrechtskonform.