Stellungnahme der BAGFW zum Antrag der Fraktion der CDU/CSU Hochschulische Pflegeausbildung stärken – Pflegerische Versorgung von morgen absichern

Die Zielsetzung einer Steigerung der Ausbildungszahlen im hochschulischen Bereich und die einleitende Situationsanalyse des Antrags der Fraktion der CDU/CSU entspricht den Positionen der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege und wird daher begrüßt.

Rückmeldungen zu dem Antrag im Einzelnen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf,

1. unverzüglich eine Regelung für eine Ausbildungsvergütung analog zur beruflichen Pflegeausbildung sowie zu § 34 des Hebammengesetzes auf den Weg zu bringen und die finanziellen Mittel hierfür zur Verfügung zu stellen, um die Attraktivität des Studiengangs zu steigern und den Studentinnen und Studenten angesichts des auf verschiedene Einsatzphasen aufgeteilten Praxisanteils des Studiums von 2300 Stunden einen auskömmlichen Lebensunterhalt zu ermöglichen;

Bewertung:

Die Ausbildungsvergütung in der beruflichen Pflegeausbildung ist über länderverwaltete Umlagefonds geregelt. Die Fonds werden in der SGB XI Langzeitpflege u.a. aus Mitteln in der Pflegeversicherung und des jeweiligen Landes und zu etwa 1/3 der Kosten durch Aufwendungen pflegebedürftiger Menschen finanziert, die SGB XI Leistungen in Anspruch nehmen.                                                    

Die fehlende Ausbildungsvergütung während des Studiums beeinträchtigt die Entscheidung für eine akademische Ausbildung[1].

Eine Anbindung der Finanzierung an das inzwischen bewährte Umlageverfahren des Pflegeberufe Gesetz (PflBG) ist pragmatisch und zielführend. Übernimmt der Bund aus Steuermitteln oder übernehmen die Länder die erforderlichen Einzahlungen in den länderbezogenen Umlagefonds, ist dies zu begrüßen und würde eine weitergehende unzumutbare Belastung der pflegebedürftigen Menschen vermeiden.

Eine Vergütung der Bachelorstudierenden analog zu den Auszubildenden der beruflichen Ausbildung, würde zumindest einen Teil der Benachteiligungen der Studierenden nivellieren.

 

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf,

2. unverzüglich eine Übernahme der Refinanzierung der Praxisanleitung in den Praxiseinrichtungen analog zur berufsfachschulischen Ausbildung gesetzlich zu regeln, um die praktische Ausbildung der Studentinnen und Studenten abzusichern und die Bereitschaft der Einrichtungen zu steigern, akademische Pflegefachkräfte auszubilden;

Bewertung:

Eine zweite Benachteiligung im Vergleich zur beruflichen Ausbildung besteht in der unzureichenden Refinanzierung der Praxisanleitung in den Dienste und Einrichtungen. Das führt in vielen Fällen dazu, dass die Diensten und Einrichtungen keine praktischen Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen oder qualifizierte Praxisanleiter:innen nicht für die Praxisanleitung der Studierenden freigestellt werden.

Die Praxisanleitung ist zwar in § 38 Absatz 3 PflBG analog zur Praxisbegleitung für die fachschulische Ausbildung geregelt, aber nicht deren Finanzierung. Diese ist derzeit auch über Landesmittel nicht gesichert. Will man die akademische Ausbildung befördern, muss diese Benachteiligung dringend behoben werden und die Praxisanleitung auch für Studierende refinanziert werden.

Sie sollte dabei wegen des praxisintegrierenden dualen Ansatzes des Studiums nicht ausdrücklich zwischen Studien- und Praxisphasen unterscheiden. Wegen des klaren Bezugs der Praxiseinsätze sollte zudem der Blick auf die betriebliche Ausbildung gerichtet und für das gesamte Vertragsverhältnis zwischen dem Träger der Einrichtung und der studierenden Person als arbeitsrechtliche Materie wie im HebG klargestellt werden. Es ist dann Aufgabe der Tarifvertragsparteien und der Arbeitsrechtlichen Kommissionen der Kirchen, diese Bedingungen zu gestalten.

Ein weiterer Fokus politischer Bemühungen muss darauf gerichtet sein, die Akquise und Qualifizierung von Personal in die Pflegepädagogik zu forcieren.

 

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf,

3. zeitnah einen Bund-Länder-Gipfel zur gemeinsamen Etablierung von Arbeitsfelddefinitionen und Einsatzgebieten von hochschulisch ausgebildeten Pflegefachkräften unter Beteiligung der maßgeblichen Verbände einzuberufen und dabei auch entgeltliche Einstufungsmöglichkeiten und verbindliche Akademisierungsquoten zu thematisieren, um mit diesem gemeinsamen Fahrplan mit konkreten, gesetzlichen Handlungsaufträgen zeitnah berufliche Perspektiven zu schaffen;

Bewertung:

Eine Arbeitsfelddefinition muss praxisnah sein und die verschiedenen pflegerischen Arbeitsfelder für APN berücksichtigen. Ein Einsatzfeld kann z.B. das Community Health Nursing sein.

Die Akademisierungsquoten (10-20 Prozent) wurden bereits mit dem PflBG definiert. Grundsätzlich ist die Festlegung von entsprechenden Quoten Länderaufgabe, da die hochschulische Pflegeausbildung den Ländern obliegt.

Das ist ein notwendiges Vorgehen und eine wichtige Voraussetzung für eine Etablierung der akademisch qualifizierten Pflegefachpersonen in die Praxis.

Die Umsetzung bedeutet für die Dienste und Einrichtungen einen erheblichen Anpassungs- und Umstrukturierungsprozess.

Im Rahmen der Ausbildungsoffensive-Pflege arbeitet bereits eine Arbeitsgruppe an diesem Thema. Die Arbeitsgruppe Tätigkeitsprofile hochschulisch ausgebildeter Pflegefachpersonen (AG Tätigkeitsprofile) wird dabei von der Geschäftsstelle der Ausbildungsoffensive Pflege am Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) betreut. Ein Abschlussbericht der Arbeitsgruppe soll Ende März / Anfang April 2023 vorliegen.

 

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf,

4. eine entsprechende Anpassung der gesetzlichen Vorgaben zur Pflegepersonalkostenvergütung vorzunehmen, um ausdrücklich die vollständige Refinanzierung der neu geschaffenen Stellenprofile entlang der Qualifikationsschlüssel hochschulisch ausgebildeter Pflegefachkräfte über das Pflegebudget sicherzustellen. 

Bewertung:

Voraussetzung für eine Etablierung akademisch qualifizierter Pflegefachpersonen in den Diensten und Einrichtungen ist eine vollständige Refinanzierung der erhöhten Personalkosten durch die Leistungsträger[2]. Daher ist die Zielsetzung zu begrüßen. In der Formulierung bleibt aber ungewiss, wie dieses Ziel rechtssicher erreicht werden kann.

Eine gute Gesundheitsversorgung braucht alle Gesundheitsberufe. Gesundheit ist Teamarbeit. Es ist deshalb erforderlich, die im Rahmen des Pflegebudgets zu berücksichtigenden Berufsgruppen zu erweitern. Das gilt zum einen, wie im vorliegenden Antrag gefordert, für akademisiertes Pflegepersonal, zum anderen aber auch für Pflegehilfs- und weiteres Gesundheitspersonal. Hierbei ist die Definition zu nutzen, die durch die Selbstverwaltungspartner nach § 17 Absatz 4 Satz 2 KHG vereinbarten Pflegepersonalkostenabgrenzungsvereinbarung 2022 etabliert worden ist.

Zugleich ist dafür Sorge zu tragen, die akademisierten Pflegefachpersonen im Rahmen eines geeigneten Grade-Skill-Mixes zum Einsatz zu bringen, um die Versorgung entlang moderner Pflegeprozesse organisieren zu können.

Weiterhin braucht es zusätzliche Anreize zum Abschluss der Pflegebudgetvereinbarungen.

 


[1] Angeblich sollen in Bayern und Ba-Wü. Studierende nach dem PflBG aus Landesmitteln eine Vergütung erhalten, die allerdings deutlich unter der Vergütung der beruflichen Ausbildung liegt.
https://www.bayern.de/holetschek-will-den-ausbau-von-pflege-ausbildungsverbnden-weiter-voranbringen-bayerns-gesundheits-und-pflegeminister-berreicht-in-amberg-frderbescheide/

oder

https://www.br.de/nachrichten/bayern/pflege-studium-macht-stipendium-es-attraktiver,TGqXL88

Ba.-Wü.: https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/land-foerdert-praxis-teil-des-pflege-studiums-mit-2-millionen-euro

 

[2] Angeblich sind verschiedentliche Bemühungen am Widerstand der Leistungsträger gescheitert