Stellungnahme der BAGFW zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Schaffung einer Digitalagentur für Gesundheit (Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz – GDAG)

Digitalagentur für Gesundheit

A. Einleitung und zusammenfassende Bewertung

Die BAGFW bedankt sich für die Möglichkeit, zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Schaffung einer Digitalagentur für Gesundheit Stellung zu nehmen.

Mit dem Gesetzentwurf erhält die zur Digitalagentur ausgebaute Gesellschaft für Telematik die Zuständigkeit für die Festlegung von Standards der Benutzerfreundlichkeit der Komponenten, -dienste und Anwendungen der TI. Es ist zu begrüßen, dass sie mit dem neuen Mandat sicherzustellen hat, dass die Standards eingehalten und bestehende Nutzungshürden zur Steigerung der Wirksamkeit digitaler Anwendungen im Markt beseitigt werden. Kritisch bewertet die BAGFW, dass sich der Gesetzgeber der Möglichkeit, Aufträge an die gematik zur Steuerung und Gestaltung des Digitalisierungsprozesses im Gesundheitswesen zu vergeben, enthebt.

Die BAGFW nimmt aus der Perspektive der Pflege Stellung und sieht drei zentrale Änderungsbedarfe:

  • Der Beirat der gematik soll künftig auch am Roadmap-Prozess, der die gesetzlichen Aufträge an die gematik ersetzen soll, durch Anhörungs- bzw. Stellungnahmerechte beteiligt werden. Es bedarf daher einer entsprechenden Ergänzung in § 318 SGB V.
  • Die Fristen für die Umsetzung der Vorgaben für die Bereitstellung von Daten und Informationsobjekten in der ePA sollen weiterhin vom Gesetzgeber in einer Rechtsverordnung des BMG mit Zustimmung des Bundesrats festgelegt werden und nicht der Digitalagentur überantwortet werden.
  • Die Pflicht der Hersteller von DiGas zur interoperablen Bereitstellung von patienten- bzw. personenbezogenen Daten an die Leistungserbringenden in
    § 386a SGB V n.F. muss auch die Hersteller von DiPas umfassen.

 

B. Bewertung der Regelungen im Einzelnen

Die BAGFW nimmt im Folgenden zu den pflegerelevanten Bereichen des Referentenentwurfs Stellung:

§ 311 Aufgaben und Befugnisse der Digitalagentur Gesundheit und § 312 „Aufgabenerfüllung durch die Digitalagentur Gesundheit“ n.F. i.V. mit §§ 317 und 318: Beirat der Gesellschaft für Telematik

Mit dem Aufbau der Digitalagentur einher geht eine Erweiterung des Aufgabenportfolios, das in § 311 SGB V definiert ist: So soll die Digitalagentur künftig bei der Digitalisierung der Versorgungsprozesse im Gesundheitswesen und in der Pflege unterstützen (§ 311 Absatz 1 Satz 1 Nummer 19 neu). Dass die Digitalisierung der Versorgungsprozesse in der Pflege als neue Aufgabe definiert wird, wird ausdrücklich begrüßt. Die Aufgabenerfüllung wird in § 312 SGB V reguliert. Danach steuert künftig nicht mehr der Gesetzgeber die Aufgabenerfüllung durch Erteilung von Aufträgen an die gematik, sondern die Digitalagentur selbst. Zu diesem Zweck erstellt sie eine Roadmap, die der Gesellschafterversammlung zur mehrheitlichen Genehmigung vorzulegen ist. Angesichts der künftig richtungsweisenden Bedeutung der Roadmap sollten für ihren Beschluss nicht nur eine einfache Mehrheit ausreichen, sondern ein einstimmiger Beschluss.

Die Pflege hat nach der neuen Architektur der Digitalagentur keine anderen Einflussmöglichkeiten auf die Gestaltung der Prozesse als über den Beirat der gematik nach §§ 317 und 318 einzuwirken. Gemäß § 318 Absatz 2 ist der Beirat vor der Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung der Gesellschaft für Telematik zu Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung zu hören. Er kann hierzu vor Beschlussfassung innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der erforderlichen Informationen und Unterlagen schriftlich Stellung nehmen. Zu den Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung gehören nach § 318 Absatz 3 Fachkonzepte zu Anwendungen der eGK, Planungen und Konzepte für die Erprobung und den Betrieb der TI sowie Konzepte zur Evaluation von Erprobungsphasen und Anwendungen. Damit ist die Erstellung der nun für die Versorgungsprozesse künftig maßgeblichen Roadmap nicht vom Stellungnahmerecht der Beiratsmitglieder umfasst. Unklar ist überdies, ob der Beirat der gematik nach §§ 317 und 318 als Beirat der Digitalagentur fungiert. Dies ist gesetzlich klarzustellen. Erklärtes Ziel des Referentenentwurfes ist eine enge Einbindung der Stakeholder, was durch die BAGFW begrüßt wird. So hat die Digitalagentur Gesundheit entsprechend der Gesetzesbegründung die Selbstverwaltung bei der Digitalisierung von Versorgungsprozesse in der Pflege engagiert zu unterstützen. Um dabei die notwendigen Mitwirkungsrechte der Pflege sicherzustellen, ist in § 318 Absatz 3 die Erstellung der Roadmap als Angelegenheit von grundsätzlicher Bedeutung als neue Nummer 4 zu ergänzen.

Grundsätzlich stellt sich die Frage, warum der Beirat der gematik in der neuen Architektur nicht zu einem Beirat der Digitalagentur Gesundheit umfunktioniert wird.

Änderungsbedarf:

§ 318 Absatz 3 Satz 1 Nummer 4 neu lautet:

4. „Erstellung der Roadmap gemäß § 312 Absatz 1 SGB V“

§ 342: Angebot und Nutzung der elektronischen Patientenakte

Die BAGFW lehnt ab, dass anstelle einer Rechtsverordnung des BMG mit Zustimmung des Bundesrats künftig die Digitalagentur die Fristen für die Umsetzung der Vorgaben für die Bereitstellung von Daten und Informationsobjekten für die ePA festlegen soll. U.a. betrifft dies auch nach Absatz 2b die Daten zur pflegerischen Versorgung der Versicherten nach den §§ 24g, § 37, § 37b, 37c, 39a und 39c sowie der Haus- und Heimpflege nach § 44 SGB VII und Pflege nach dem SGB XI. Diese Aufgabe soll weiterhin Aufgabe einer Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats bleiben.

Änderungsbedarf:

Streichung der geplanten Änderung für § 342 Absatz 2b

§ 386a Interoperabilitätspflicht

Hersteller informationstechnischer Systeme im Sinne des § 384 Absatz 2 Nummer 3 oder Hersteller von DiGas nach § 33a haben gemäß Absatz 1 den Leistungserbringenden auf deren Verlangen die personenbezogenen Daten ihrer Patienten unverzüglich und kostenfrei interoperabel bereitzustellen. Diese Pflicht muss auch für die Hersteller von DiPas nach § 40a SGB XI in gleicher Weise gelten.

Änderungsbedarf:

Absatz 1 Satz 1 ist wie folgt zu ergänzen:

„Hersteller informationstechnischer Systeme im Sinne des § 384 Absatz 2 Nummer oder Hersteller einer digitalen Gesundheitsanwendung nach § 33a oder Hersteller einer digitalen Pflegeanwendung nach § 40a SGB XI haben den Leistungserbringern auf deren Verlangen die personenbezogenen Gesundheits- oder Pflegedaten ihrer Patienten oder zu Versorgenden unverzüglich und kostenfrei im interoperablen Format zur Verfügung zu stellen“.