Stellungnahme der BAGFW zur Verordnung zur Ausgestaltung des Hilfsfonds des Bundes für Rehabilitation und Teilhabe (Rehabilitationshilfsfonds-Verordnung (ReHV))

Durch den neu geschaffenen § 36a SGB IX wird ein Anspruch auf einen einmaligen Energiekosten-Zuschuss für das Jahr 2022 geschaffen

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) bedankt sich für die Möglichkeit zum Entwurf der Verordnung zur Ausgestaltung des Hilfsfonds des Bundes für Rehabilitation und Teilhabe Stellung zu nehmen.

                                                                                                                                

Allgemeine Anmerkungen

  • Durch den neu geschaffenen § 36a SGB IX wird ein Anspruch auf einen einmaligen Energiekosten-Zuschuss für das Jahr 2022 geschaffen. In dem vorliegenden Entwurf der Rechtsverordnung werden die Voraussetzungen des Zuschusses nach § 36a SGB IX sowie das Verfahren zur Antragstellung und zur Bereitstellung der Mittel konkretisiert. Die BAGFW begrüßt, dass der Entwurf der Rechtsverordnung zur Konkretisierung zeitnah vom BMAS vorgelegt wurde.
  • Die BAGFW bedauert, dass der Gesetzgeber nicht dem Vorschlag der von der Bundesregierung eigens einberufenen Expert:innenkommission Gas und Wärme[1] gefolgt ist, einen Härtefallfonds für Reha- und Vorsorgeeinrichtungen in Bundeskompetenz auch für die Jahre 2023 und 2024 aufzulegen.

Grundsätzlich sind Reha- und Vorsorgeeinrichtungen und -dienste sowie Einrichtungen und Dienste der Eingliederungshilfe aufgrund der von ihnen zu versorgenden vulnerablen Gruppen nicht in der Lage, ohne investive Maßnahmen in kurzer Zeit 20 Prozent Energie einzusparen. Auch liegen selbst die gedeckelten Energiekosten weit über den in der Vergangenheit durch die Einrichtungen verhandelten Preise. Dementsprechend entstehen den genannten Einrichtungen in den Jahren 2023 und 2024 auch nach Inkrafttreten einer Gas-Wärme-Preisbremse erhebliche Finanzierungslücken, die durch den Hilfsfonds 2022 nicht geschlossen werden.

  • Die Verbände der BAGFW weisen kontinuierlich darauf hin, dass die größten Energiekostensteigerungen erst im Jahr 2023 anfallen werden. Hinzu kommen außerdem erhebliche Belastungen durch die mittelbaren Auswirkungen der Energiepreissteigerungen in den Sachkosten etwa für Lebensmittel, Medizinprodukte, Dienstleistungen. Deswegen ist der Zuschuss für das Jahr 2022 aus unserer Sicht nicht ausreichend, Angebotseinschränkungen oder gar die Schließung von Angeboten im Bereich der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen zu vermeiden.
  • Die BAGFW weist zudem darauf hin, dass Frühförderangebote für Kinder mit Behinderungen und ihre Familien, Einrichtungen und Angebote der Rehabilitation psychisch kranker Menschen sowie ambulante Rehabilitations- und Nachsorgeangebote für von Sucht betroffene Menschen grundsätzlich ebenfalls akut gefährdet sind. Für sie besteht nicht die Möglichkeit, Mittel aus dem Hilfsfonds zu beantragen, obwohl auch hier die Finanzierung, zumindest teilweise, über die Sozialversicherungen erfolgt. Hier bedarf es aus Sicht der BAGFW im weiteren Prozess dringender gesetzlicher Nachjustierungen.
  • Die durch den Gesetzgeber geäußerte Annahme, dass entsprechende Kostensteigerungen 2023 und eventuelle Finanzierungslücken durch die Sozialversicherungsträger im Rahmen anstehender Vergütungsverhandlungen gedeckt würden, geht fehl. Die Leistungsträger insbes. die Gesetzlichen Krankenversicherungen verweisen auf staatliche Hilfen und negieren Kostenkalkulationen, die die realen Steigerungswerte abbilden. Wenn der Bund erkennbar eine Ausweitung des Hilfsfonds über 2022 hinaus nicht anstrebt, muss er die gesetzlichen Vorgaben zur Verhandlung stärken.

 

Die BAGFW plädiert jedenfalls für eine gesetzlich normierte Verpflichtung zur Verhandlung mit dem Ziel die Vergütungsvereinbarungen an reale, inflations- und krisenbedingte Kostensteigerungen anzupassen. Nur dadurch lassen sich Angebotseinschränkungen vermeiden.

  • Im Sinne gleichwertiger Lebensverhältnisse und auch zum Erhalt von Einrichtungen und Diensten aus dem Bereich der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen braucht es auch Regelungen für Einrichtungen und Dienste in Kostenträgerschaft von Ländern und Kommunen. Die Einrichtungen und Dienste in Kostenträgerschaft von Ländern und Kommunen müssen lückenlos und in gleicher Weise durch entsprechende Härtefallfonds geschützt werden, wie die Einrichtungen und Dienste in Bundeszuständigkeit.
  • Die BAGFW sieht den Gesetzgeber weiterhin in der Pflicht und auch in der Verantwortung Lösungen zur Sicherung dieser sozialen und gesundheitlichen Infrastruktur zu finden.

 

Zum Verordnungsentwurf im Einzelnen:


Zu § 2 Begriffsbestimmung

Absatz 2

Aus Sicht der BAGFW sollten durch redaktionelle Klarstellungen aufwändige Rückfragen im Verwaltungsverfahren mit Blick auf die Abgrenzung in der Gebäudlichkeit vermieden werden.  

Bzgl. der einzubeziehenden Gebäude/Räumlichkeiten, “in denen Rehabilitations- und Teilhabeleistungen erbracht werden”, sollte klargestellt sein, dass hier neben den Räumlichkeiten von Therapie und Behandlung die Gesamteinrichtung im Sinne des Versorgungsvertrages inklusive aller Funktionsbereiche wie z.B. Unterbringung, Allgemein-, Service- und Verwaltungsbereiche umfasst sind. Neben den Rehabilitations- und Teilhabeleistungen sind konkret auch die medizinische Vorsorgeleistungen zu benennen.

Änderungsvorschlag:

„...Dabei sind nur Gebäude und Räumlichkeiten zu berücksichtigen, in denen Rehabilitations- und Teilhabeleistungen im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und Medizinische Vorsorgeleistungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erbracht werden. Dies bezieht alle notwendigen Funktionsbereiche der Gesamteinrichtung mit ein. Grundlage für Abgrenzungen sind die qm-Anteile. Gebäude und Räumlichkeiten, die nicht...“


Zu § 3 Zuschusshöhe

Absatz 1

Verbrauchsbedingte Schwankungen sollten aus Sicht der Freien Wohlfahrtspflege bei den Zuschüssen unberücksichtigt bleiben.

Änderungsvorschlag:

Für die Differenz der Kosten 2022 zu 2021 sollte als letzter Satz ergänzt werden: „Verbrauchsbedingte Schwankungen sind dabei unerheblich.“

Um möglichen Irritationen bei der Auslegung der Vorschrift vorzubauen regen wir an, sowohl in Satz 1 als auch Satz 2 entweder einheitlich “aus” oder “zwischen” als Adjunktor zu verwenden.

Absatz 3

Ein völliger Ausschluss von einem Zuschuss für Einrichtungen und Dienste mit einem Betriebsbeginn nach dem 31. Dezember 2021 ist unverhältnismäßig. In oben stehenden allgemeinen Anmerkungen wurde bereits ausgeführt, dass die Leistungsträger weder im Rahmen von prospektiven noch im Rahmen von Nachverhandlungen bereit sind, den Preiserhöhungen angemessen Rechnung zu tragen. Die dem § 3 Abs. 3 zugrunde liegende Annahme des Verordnungsgebers, die eine generelle Ausschlussklausel für Einrichtungen mit Betriebsbeginn ab 2022 vorsieht, ist demnach anzupassen.

Änderungsvorschlag:

Der Absatz sollte auf folgende Weise umformuliert werden:

„Liegt der Betriebsbeginn einer Einrichtung nach dem 31. Dezember 2021, sind der Berechnung durchschnittliche Verbrauchswerte zugrunde zu legen.“


Zu § 4 Antragstellung

Die BAGFW begrüßt, dass das in der Verordnung angelegte Verfahren der Testierung der Energiekosten durch Wirtschaftsprüfer bürokratiearm angelegt ist und fordert, dass die durch die zuständigen Rehabilitationsträger zur Verfügung zu stellenden Onlineanträge diesem Muster folgen.  

Absatz 4

Es sollte sichergestellt sein, dass das Antragsverfahren aber auch die Antragsinhalte identisch ausgestaltet werden.

Änderungsvorschlag:

Der erste Satz sollte um das Wort „einheitlich“ ergänzt werden: „Die Antragstellung erfolgt … einheitlich zur Verfügung zu stellenden Onlineantrag.


Zu § 5 Nachweis

Absatz 1

Für die Leistungserbringer nach § 36a Abs 2 Nr. 1 ist der Antrag beim Hauptbeleger zu stellen. Die BAGFW begrüßt, dass auch diese Bündelung das Antragsverfahren weniger aufwändig gestaltet. Sollte beim Antragsverfahren an eventuelle Nachweise der Hauptbelegerschaft gedacht sein, sollte dies bürokratiearm gehalten und ebenfalls in das Testat der Wirtschaftsprüfung integriert werden. Dem Wirtschaftsprüfer liegen diese Daten vor.

In Satz 2 regen wir eine redaktionelle Klarstellung an, dass sich der Begriff “Unterlagen” immer auf Unterlagen des Leistungserbringers bezieht.

Änderungsvorschlag:

Satz 2:

„Der Nachweis ist durch einen sachverständigen Dritten zu erstellen und die Unterlagen des Leistungserbringers auf Plausibilität zu beurteilen.“

Nach dem Satz „Die Inhalte des Nachweises ergeben sich aus der Anlage 2“ sollte nachfolgender Satz ergänzt werden: „Der Nachweis benennt den antragzuständigen Hauptbeleger im Sinne des § 2 Nr. 3 ReHV.“


Zu § 8 Verwaltungsvereinbarung

Aus Sicht der BAGFW ist es problematisch, dass das BMAS von seiner Verordnungsermächtigung nur hinsichtlich des Antragsverfahrens Gebrauch macht und keine Regelungen zur Antragsbearbeitung trifft. Die Auszahlung der Mittel soll in einer gesonderten Verwaltungsvereinbarung geregelt werden.

Aus Sicht der BAGFW sollten Antragsverfahren und Antragsbearbeitung in einem bürokratiearmen Verfahren im Rahmen der ReHV geregelt werden.

Im Sinne einer dringend notwendigen zeitnahen Unterstützung der Einrichtungen fordert die BAGFW, dass es durch die getrennten Verfahren nicht zu weiteren Verzögerungen kommt. Die sich an diese Verordnung anschließenden noch erforderlichen Verständigungen mit den Rehaträgern zu Online-Antragsverfahren, Verwaltungsvereinbarungen und auch das Zustimmungsverfahren des Bundesrates sollten zügig erfolgen. In der Richtlinie sollten zudem konkrete Fristen für die Auszahlung des Betrags nach Antragstellung genannt werden.

 

Zu Anlage 2

Entsprechend unserer Anmerkungen zu § 2 ist folgender Passus abzuändern:

„[…] Bei der Berechnung der entstandenen Energiekosten sind nur solche Gebäude und Räumlichkeiten berücksichtigt worden, in denen Rehabilitations- und Teilhabeleistungen im Sinne des SGB IX erbracht werden). Die Höhe der angefallenen Kosten liegt zu den verschiedenen Energieträgern einzeln dokumentiert vor und kann auf Nachfrage nachgewiesen werden.“

Die vorgeschlagene Reduzierung auf Räumlichkeiten, in denen Rehabilitations- und Teilhabeleistungen erbracht werden, ist aus Sicht der BAGFW nicht sachgemäß. Aus Sicht der BAGFW müssen bei den zu berücksichtigenden Gebäuden und Räumlichkeiten z. B. auch Büros, allgemeine Flächen und Flächen der Unterkunft ebenso volle Berücksichtigung finden, wie bspw. Therapie- und Angebotsräume, somit alle Funktionsbereiche der Gesamteinrichtung. Vorsorge, Rehabilitations- und Teilhabeleistungen können ohne die grundlegenden Räumlichkeiten nicht erbracht werden.

Um den antragszuständigen Hauptbeleger im Nachweis nach § 5 Absatz 1 zu benennen, schlagen wir vor, in der Anlage 2 „Bestätigung der Richtigkeit der Angaben über entstandene Energiekosten zum Antrag der (Rehabilitations-/Vorsorgeeinrichtung) vom …“ ein Feld mit vier Ankreuzmöglichkeiten (Antragszuständiger Hauptbeleger: BA, GKV, DGUV, DRV) für die Einrichtungen zu ergänzen.

 


[1] Vorschlag Härtefallfonds siehe Abschlussbericht, S. 25, Oktober 2022 „Sicher durch den Winter – Abschlussbericht ExpertInnen-Kommission Gas und Wärme (bmwk.de)