BAGFW fordert die Bundesregierung auf, sich in den Verhandlungen zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem für den Erhalt und die Stärkung des individuellen Rechts auf Asyl einzusetzen und insbesondere verpflichtenden Grenzverfahren und der Ausweitung sicherer Dritt- und Herkunftsstaatenregelungen klar zu widersprechen.
Das bestehende Gemeinsame Europäische Asylsystem ist krisenanfällig und geltendes Recht wird nicht in allen Mitgliedstaaten angewandt. Der Reformbedarf dieses Systems ist offensichtlich, leider gehen die Reformvorschläge aus Sicht der BAGFW aber in die falsche Richtung. Eine Zunahme an Menschenrechtsverletzungen, wie Push-Backs, unzureichende materielle Asylprüfungen und standardisierte Inhaftierung aller Schutzsuchenden, ist zu befürchten. Weiterhin werden die Ersteinreisestaaten an den EU-Außengrenzen, wie Griechenland und Italien, überproportional in die Verantwortung genommen.
Die Überlastung der Außengrenzstaaten soll nach den Vorschlägen der Kommission durch die Ausweitung der Dritt- und Herkunftsstaatenregelung verhindert werden. Das Konzept, die Verantwortung des Flüchtlingsschutzes von den Außengrenzstaaten auf Drittstaaten zu übertragen, ist allerdings höchst gefährlich. Die Wahrung des Non-Refoulement-Gebots wäre nicht sichergestellt. Rückführungen in belastete Regionen könnten zudem zu einer Destabilisierung beitragen, Rückübernahmeübereinkommen würden die EU oder Mitgliedstaaten in Abhängigkeitsverhältnisse führen, die wie am Beispiel EU / Türkei nicht funktionieren.
Die Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner und die Idee, die Verantwortung für Flüchtlingsschutz an Drittstaaten auszulagern, kann somit verheerende Folgen für die Wahrung und den Stellenwert von Menschenrechten in der Europäischen Union haben. Statt einer echten Weiterentwicklung hin zu einem funktionierenden europäischen Asylsystem, stehen ursprüngliche Ziele des gemeinsamen europäischen Asylsystems wie das Beschleunigungsgebot und faire Asylverfahren zur Disposition.
Die BAGFW appelliert an die Bundesregierung, auf den Erfahrungen der solidarischen Aufnahme der Schutzsuchenden aus der Ukraine aufzubauen, die zu keinen Verwerfungen innerhalb der EU geführt haben. Denn „eine geordnete Flüchtlingspolitik lässt sich auch erreichen, wenn Schutzsuchende solidarisch von allen europäischen Ländern aufgenommen werden und Zugang zu fairen Asylverfahren und Aufnahmebedingungen erhalten. Daher muss sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass der Flüchtlingsschutz in ganz Europa wieder Anwendung findet“, mahnt Michael Groß, Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW).
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