Der RefE führt im allgemeinen Teil aus, dass sich Deutschland in der fünften Welle der Pandemie befindet, in der sich Omikron rasch ausgebreitet hat. In den Pflegeeinrichtungen ist es in den letzten Wochen aufgrund dessen zu vermehrten Impfdurchbrüchen bei den pflegebedürftigen Menschen, aber auch beim Pflegepersonal gekommen. Daher sind weiterhin Schutz- und Hygienemaßnahmen zu ergreifen sowie insbesondere Testungen vorzunehmen, die alle Besucher:innen unabhängig von ihrem Impf- oder Serostatus umfassen. Die Testkosten werden über den Pflegeschutzschirm refinanziert. In diesem Zusammenhang merken die Verbände der BAGFW an, dass diese pandemiebedingten Kosten ordnungspolitisch nicht durch die Beitragszahler:innen der Pflegeversicherung zu finanzieren sind, sondern durch einen Bundeszuschuss aus Steuermitteln. Da pflegebedürftige Menschen zu den hochvulnerablen Gruppen gehören, sind besondere Hygiene- und Schutzmaßnahmen, die zu pandemiebedingten Mehraufwendungen führen, weiterhin geboten. In den Tagespflegeeinrichtungen führen das Abstandsgebot und Hygienevorschriften nach wie vor zu einer geringeren Auslastung als vertraglich vereinbart ist und somit zu Mindereinnahmen. Die außerhalb von Pandemie-zeiten sehr nachgefragten Tagespflegeeinrichtungen sind durch die Defizite bei den Investitionskosten aufgrund der Minderbelegung ohnehin gefährdet. Der Pflegeschutzschirm hat die labile Tagespflegeinfrastruktur bislang gut durch die Krise getragen.
Vor diesem Hintergrund bedanken sich die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege nachdrücklich für die Verlängerung des Schutzschirms nach § 150 SGB XI. Wir hoffen, dass die Impf- und Teststrategie zusammen mit der weiterhin gebotenen Einhaltung der Hygieneregelungen und der Abstandsgebote dazu führen wird, dass der Schutzschirm nach § 150 SGB XI ab dem Sommer 2022 nur noch wenig aufgespannt werden muss. Wir sind überzeugt und hoffen, dass die Impfquoten in Deutschland so gesteigert werden können, dass wir aus der Krise der Pandemie in eine endemische Phase gelangen können.
Neben den Regelungen zur Kostenerstattung für die Maßnahmen nach § 150 Absätze 1 bis 4 begrüßen wir die Verlängerung der Kostenerstattungsregelungen für die pandemiebedingten Mindereinnahmen und Mehraufwendungen der nach Landesrecht anerkannten Unterstützungsangebote im Alltag gemäß § 150 Absatz 5a. Viele Gruppenangebote haben behördliche Auflagen und Leistungserbringer können wegen des Abstandsgebots und der Hygieneregelungen ihre Betreuungsangebote nur in reduzierter Form anbieten.
Sehr positiv zu bewerten ist auch die Verlängerung des flexiblen Einsatzes des Entlastungsbetrags bei Pflegegrad 1 und die Verlängerung der Sonderregelung zum Pflegeunterstützungsgeld, das bis zum 30.6.2022 für bis zu 20 Arbeitstage statt regulär 10 Arbeitstage in Anspruch genommen werden kann. Mit diesen Maßnahmen werden pflegebedürftige Menschen und die sie betreuenden und versorgenden Angehörigen wirkungsvoll unterstützt.
Des Weiteren begrüßen wir, dass die Beratungsbesuche nach § 37 Absatz 3 SGB XI gemäß § 148 SGB XI weiterhin auf Wunsch des Pflegebedürftigen telefonisch oder digital stattfinden können. Dies hat sich bewährt und es sollte überlegt werden, auch nach der Krise diese Maßnahme mit Ausnahme des ersten Beratungsbesuchs zu verstetigen.
Auch sollte es weiterhin möglich sein, Pflegebegutachtungen gemäß § 147 Absatz 1 SGB XI auf der Grundlage von strukturierten Interviews telefonisch oder digital durchzuführen. Eine telefonische oder digitale Begutachtung sollte allerdings wirklich nur dann durchgeführt werden, wenn eine Begutachtung in der Häuslichkeit bzw. im Wohnbereich pandemisch nicht geboten scheint und dies auch der Pflegebedürftige nicht wünscht.
Weitergehender gesetzgeberischer Änderungsbedarf zu § 150 SGB XI
Es ist zeitnah damit zu rechnen, dass mit der Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht nach § 20a IfSG weitere Personalengpässe, die zu Versorgungsengpässen führen, erfolgen werden. Insbesondere in Regionen mit einem hohen Anteil an Impfskeptikern und Impfgegnern ist es trotz hohen Aufwands und Engagements, Pflegekräfte von der Wirksamkeit der Impfung zu überzeugen, nicht gelungen, die Impflücken flächendeckend zu schließen. Wir rechnen damit, dass es ab dem 15. März 2022 in bestimmten Einrichtungen zu erheblichen Beeinträchtigungen der Versorgung kommen kann, wenn die Gesundheitsämter gegenüber ungeimpften Mitarbeitenden ein Betretungsverbot aussprechen. Es muss diesen Einrichtungen ermöglicht werden, gemäß § 150 Absatz 1 SGB XI auch für diesen Fall eine Problemanzeige gegenüber den Pflegekassen abgeben zu können. Bislang regelt § 150 Absatz 1 SGB XI jedoch die Anzeigeverpflichtung der nach § 72 SGB XI zugelassenen Pflegeeinrichtungen, wenn wesentliche Beeinträchtigungen der Leistungserbringung in Folge des Coronavirus auftreten. Da die einrichtungsbezogene Impfpflicht keine unmittelbare, sondern nur eine mittelbare Folge des Auftretens des Coronavirus ist, sind Versorgungslücken in Folge der Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht in § 150 Absatz 1 SGB XI nicht rechtssicher umfasst. Entsprechend kann es zu unterschiedlichen Interpretationen kommen, ob diese Konstellationen auch vom Pflegeschutzschirm gemäß § 150 Absatz 2 bzw. Absatz 5 SGB XI gedeckt sind. Wir bitten zu prüfen, ob und wie diese Lücke entweder durch gesetzliche Regelungen oder untergesetzlich geregelt werden kann. Vorsorglich möchten wir einen entsprechenden gesetzlichen Änderungsvorschlag unterbreiten, wie folgt:
Änderungsbedarf:
§ 150 Absatz 1 ist wie folgt zu ergänzen:
„Im Fall einer wesentlichen Beeinträchtigung der Leistungserbringung in Folge des neuartigen Coronavirus SARS-Cov2 oder der einrichtungsbezogenen Impfpflicht gemäß § 20a IfSG ist der Träger einer Einrichtung nach § 72 verpflichtet, diese umgehend den Pflegekassen anzuzeigen.“
In § 150 Absatz 2 ist als neuer Satz 2 zu ergänzen: „Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend.“
§ 150 Absatz 5 ist wie folgt zu ergänzen:
„Die Pflegekassen können nach ihrem Ermessen zur Vermeidung von durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV 2 oder der einrichtungsbezogenen Impfpflicht gemäß § 20a IfSG im häuslichen Bereich verursachten pflegerischen Versorgungsengpässen Kostenerstattung in Höhe der ambulanten Sachleistungsbeträge (§ 36) nach vorheriger Antragstellung gewähren, wenn die Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 3 nicht ausreichend sind; dabei haben sie vorrangig Leistungserbringer zu berücksichtigen, die von Pflegefachkräften geleitet wurden.“