Rückschau und zentrale Erkenntnisse
Mit 105 Teilnehmer:innen aus verschiedenen Einrichtungen und Diensten der Freien Wohlfahrtspflege, der Wissenschaft, des Bundesgesundheitsministeriums, der Krankenkassen und weiteren am Thema interessierten Personengruppen haben wir am 10. November über Gesundheitsförderung und Prävention vor Ort diskutiert. Im Fokus der Fachtagung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) standen dieses Jahr Good-Practice-Beispiele der Freien Wohlfahrtspflege und die Frage, wie gesundheitsfördernde Strukturen im Sozialraum auf-, ausgebaut und verstetigt werden können.
In ihrer Begrüßungsrede führte Frau Maria Loheide, Vorsitzende der Sozialkommission 1 der BAGFW und Vorstand Sozialpolitik bei der Diakonie Deutschland, Beispiele dafür auf und zwar:
- Leistungsangebote von Einrichtungen, die sich in eine „Präventionskette“ einfügen, etwa mit Angeboten für einsame ältere Menschen.
- Die Schaffung von Problembewusstsein über gesundheitliche Ungleichheit in Kommunen, um in weiteren Schritten eine lokale Präventionsstruktur aufzubauen.
- Das Erkennen des Sozialraums als Setting und dessen gesundheitsförderliche Gestaltung, etwa bei der Entwicklung regionaler Hitzepläne im Hinblick auf Fragen des Bauens, der Stadtentwicklung, des Verkehrs, der Begrünung.
Warum gerade die BAGFW dieses Thema mit der Fachtagung auf die Agenda setzte, erklärt sich durch Frau Loheides Ausführungen zur Relevanz der Freien Wohlfahrtspflege für das Thema. Diese ist demnach mit ihrer großen Zahl von Einrichtungen und Diensten in den Sozialräumen tief verankert und hat Zugang zu Menschen, die unter schwierigen Bedingungen leben. Sie ist „vor Ort“ tätig und kann daher in besonderer Weise Präventionsstrategien anregen und daran mitwirken. Damit kann die Freie Wohlfahrtspflege zur Erreichung des Ziels gesundheitlicher Chancengleichheit beitragen.
In einem Vortrag zum Setting-Ansatz hat Herr Prof. Rolf Rosenbrock, Vizepräsident der BAGFW und Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbandes, im Anschluss den inhaltlichen und fachlichen Rahmen für die Veranstaltung gesetzt. Zudem kritisierte er auf Rückfrage von Teilnehmer*innen die Dominanz der Sozialversicherungsträger in der Nationalen Präventionskonferenz sowie die gerade nicht lebensweltorientierte Konzipierung des in Planung befindlichen Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM).
Die dem Vortrag folgende Präsentation des Best-Practice-Präventionsprojekts „Gesund leben in Molschd“ von Susanne Hohlfeld-Heinrich und die anschließenden Präsentationen und Diskussionen in den breakout-sessions haben folgende zentrale Ergebnisse zum Vorschein gebracht:
- § 20 SGB V muss ergänzt werden, sodass auch unspezifische Präventionsmaßnahmen ermöglicht werden. Diese sind für partizipative Ansätze – die für eine erfolgreiche Prävention notwendig sind – erforderlich.
- Kommunale Gesundheitsförderung ist eine interdisziplinäre Querschnittsaufgabe, die in der gemeinsamen Verantwortung aller handelnden Akteure liegt.
- Eine zentrale Herausforderung wird in der Herstellung von Verbindlichkeit zwischen den handelnden Akteuren gesehen, was häufig auch den Willen und das Engagement auf Leitungsebene voraussetzt.
- Eine ressortübergreifende Zusammenarbeit ist wichtig, um die Übergänge in den Lebensphasen optimal zu begleiten.
- Durch regionale Vernetzung können Doppelstrukturen vermieden bzw. abgebaut werden. Hinzu kommt die Notwendigkeit der Einbindung der Menschen vor Ort, z.B. durch Dialoggruppen.
- Zentrale Bedeutung einer prozessbegleitenden Evaluation um Wirksamkeitsnachweise von Projekten, Maßnahmen und Angeboten der Gesundheitsförderung und Prävention erbringen zu können.
Für die BAGFW sind diese Beiträge, Diskussionen und Erkenntnisse der Veranstaltung und diese als ganze sehr aufschlussreich gewesen. Die Impulse werden im Rahmen der Gremienarbeit der BAGFW aufgegriffen.
Auch nächstes Jahr möchte die BAGFW die fachliche Bearbeitung des Themas Gesundheitsförderung und Prävention mit einer Fachveranstaltung fortführen. Das rege Interesse an dieser Veranstaltung, die spannenden Impulse der Referent*innen, der aktive Austausch mit den Teilnehmer*innen und die zusammengetragenen Ergebnisse haben die Relevanz des Themas und das Interesse daran deutlich gemacht. Wenn Sie Anregungen für den thematischen Schwerpunkt der Veranstaltung im nächsten Jahr haben, lassen Sie es uns gerne wissen. Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung per E-Mail an folgende Adresse: sebastian.gottschall@awo.org.
Präsentationen der Referent:innen
Prof. Dr. Rolf Rosenbrock
BAGFW, Der Paritätische Gesamtverband
Susanne Hohlfeld-Heinrich
AWO Stadtteilprojekt - „Gesund bleiben in Molschd“ in Saarbrücken-Malstatt
Prof. Andreas Wittrahm
Diözesan-Caritasverband Aachen
Henrieke Franzen
Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit Hamburg
Maria-Theresia Nicolai
Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit