Stellungnahme der BAGFW zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit

Positionen zu einzelnen Regelungsinhalten

Vorbemerkung

Die in der BAGFW zusammengeschlossenen Verbände bedanken sich für die Einladung zur Stellungnahme und nehmen gerne die Gelegenheit wahr, ihre Positionen zu einzelnen Regelungsinhalten des oben genannten Referentenentwurfs in das Beteiligungsverfahren einzubringen. Gleichwohl erweckt die überaus kurze Rückmeldefrist und das insgesamt eilige Verfahren den Eindruck, dass tiefergehende inhaltliche Einlassungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr erwünscht sind. Der gesamte Prozess hätte aus Sicht der BAGFW von Beginn an, auch mit Blick auf die Bedeutung und Notwendigkeit des Vorhabens, wesentlich mehr Einbindung der Wohlfahrtsverbände und der Länder sowie mehr Transparenz in alle Richtungen erfordert.

Die epidemiologischen Erkenntnisse in Deutschland zeigen, dass die Bevölkerung im Durchschnitt zwar immer länger und gesünder lebt, diese Entwicklung jedoch nicht allen Menschen gleichermaßen zugutekommt; sozioökonomisch benachteiligte und gesellschaftlich marginalisierte Menschen sterben im Durchschnitt deutlich früher, sind während ihres Lebens häufiger und insgesamt länger krank und haben weniger Zugänge zu relevanten Informationen, die ihre gesundheitliche Selbstbestimmung stärken. Dabei zeigen sich insbesondere bei nicht-übertragbaren, chronisch-degenerativen Erkrankungen (z.B. Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen, Diabetes, Erkrankungen des Bewegungsapparates) sowie bei psychischen Erkrankungen (wie z.B. Depressionen, Angststörungen und Suchterkrankungen) deutliche soziale Unterschiede. Die dahinterstehenden Risikofaktoren wirken meist indikationsübergreifend und manifestieren sich i.d.R. bereits im Kindes- und Jugendalter (wie z.B. Bewegungsmangel, ungesunde und unausgewogene Ernährung, psychischer Stress, starker Medienkonsum, Sucht, Teenagerschwangerschaften und Barrieren im Zugang zu Bildung, Freizeit und Kultur).

Gleichzeitig führen die institutionellen und strukturellen Rahmenbedingungen in Deutschland dazu, dass diese Schieflage unausgeglichen bestehen bleibt: Präventionsangebote orientieren sich nach wie vor stark am Verhalten Einzelner ohne Inbezugnahme von Kontextfaktoren und erreichen damit überwiegend Personengruppen der Mittelschichten, die insgesamt ein eher moderates Risikoprofil aufweisen. Insofern müssen in Deutschland dringend die institutionellen Voraussetzungen für eine zusammenhängende und flächendeckende Infrastruktur zur Prävention und Gesundheitsförderung geschaffen werden. Hierfür bedarf es aufeinander abgestimmte Institutionen mit klar definierten Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Kooperationen.

A. Einleitung und Zusammenfassung

Das im Koalitionsvertrag avisierte “Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit”, in dem die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) aufgehen soll, soll in diesem Prozess eine Schlüsselfunktion einnehmen und die „Aktivitäten im Public-Health Bereich, die Vernetzung des ÖGD und die Gesundheitskommunikation des Bundes“ bündeln. Damit wurde der von der BAGFW identifizierte hohe Bedarf insbesondere in den Bereichen (1) Prävention und Gesundheitsförderung sowie Gesundheitskompetenz zur Verminderung sozial bedingter Ungleichheit von Gesundheitschancen, (2) zielgruppenspezifische Risikokommunikation und (3) Vernetzung der Aktivitäten der Public Health-Community grundsätzlich anerkannt und – wie es schien – aufgegriffen. Vor diesem Hintergrund sollte und muss ein solches Institut insbesondere den Diskurs über bestehende Fach- und Sektorengrenzen hinweg fördern, proaktiv gestalten und dem Anspruch eines Health in All Policies-Ansatzes folgend steuern und moderieren.

Umso enttäuschter fielen bereits die ersten Rückmeldungen aus der Fachwelt aus, als ein noch nicht abgestimmter Arbeitsentwurf zur Errichtung eines “Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin” (BIPAM) im Herbst letzten Jahres an die Öffentlichkeit gelangte[1]. Im nun vorliegenden und in Teilen überarbeiteten Referentenentwurf bleiben wesentliche Kritikpunkte nach wie vor unberücksichtigt, die meisten davon sind von grundsätzlicher, inhaltlich-strategischer Natur. Ihnen kann aus Sicht der BAGFW nur durch eine gründliche Überarbeitung Rechnung getragen werden. Dies muss dringend noch vor einer Kabinettsbefassung erfolgen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) sowie die Länder sind dabei intensiv einzubinden.

B. Besonderer Teil – Stellungnahme zu ausgewählten Regelungen

Zu Artikel 1 - Gesetz zur Errichtung eines Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM-ErrichtungsG)

§ 1 Absätze 1 - Namensgebung und 2 - Zwecksetzung:

Der Name des Instituts („Prävention und Aufklärung in der Medizin“) ist aus Sicht der BAGFW aus der Zeit gefallen und zementiert ein veraltetes (Selbst-)Verständnis von Öffentlicher Gesundheit. Prävention beruht zwar auch auf medizinischem Fachwissen, lebt aber letztendlich, und das untermauern alle verfügbaren Erkenntnisse aus der Sozialepidemiologie und Interventionsforschung, v.a. in der Umsetzung von sozialwissenschaftlichen Konzepten insbesondere der nicht-medizinischen, auf Gesundheitsförderung fokussierten Lebensweltprävention. Dies auch deshalb, da gesundheitliche Risiken oftmals nicht im unmittelbaren Einflussbereich der medizinischen Versorgung liegen, sondern vielmehr in den Umwelt-, Lebens- und Arbeitsbedingungen und den damit wechselseitig in Beziehung stehenden Handlungsräumen und Lebensstilen von Menschen. Die Aufgaben des Instituts müssen sich daher auch in der Namensgebung wiederfinden. Eine zu medizinische Ausrichtung des entstehenden Instituts birgt darüber hinaus auch für die (Förder-)Praxis im Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention die Gefahr, dass ein dominanter Fokus auf bio-medizinische Parameter die Deutungshoheit über die Umsetzung und Evaluation gesundheitlicher Interventionen erlangt und damit die mühsam aufgebauten, überwiegend zivilgesellschaftlichen Strukturen der soziallagenbezogenen Prävention sowie die zahlreichen psychosozialen Angebote der Gesundheitsaufklärung und Information verdrängt. Diese Kritik betrifft nicht zuletzt auch die Aufgaben zur Aufklärung und Familienplanung, die der BZgA durch das Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) übertragen sind (s.u. Teil C).

§ 2 Absatz 3 - Aufgaben:

Viele der hier aufgeführten Aufgaben weisen aus Sicht der BAGFW in die richtige Richtung, insbesondere in den Bereichen evidenzbasierte und zielgruppenspezifische Gesundheitskommunikation und Stärkung von Gesundheitsförderung und Gesundheitskompetenz. Genauer zu definieren ist jedoch, welche “weiteren Aufgaben”, für die es bislang keine andere gesetzlich festgelegte Zuständigkeit gibt, dem Bundesinstitut künftig zu übertragen wären.

§ 4 Absatz 2 - Gesundheitsberichterstattung (GBE):

Wissenschaftliche Datenerhebung und Gesundheitsberichterstattung gehen einher mit politisch unabhängiger Public Health-Forschung. Diese Aufgaben werden bereits seit Jahrzehnten und auf höchstem Niveau durch das Robert Koch-Institut (RKI) wahrgenommen. Die nun vorgesehene Kompetenzverlagerung im Bereich des Monitorings und Reportings vom RKI an das avisierte Bundesinstitut entzieht der GBE jegliche fachliche Basis. Insofern muss die GBE aus Sicht der BAGFW unbedingt auch künftig beim RKI angesiedelt bleiben.

Zu Artikel 2 - Änderung des Gesetzes über Nachfolgeeinrichtungen des Bundesgesundheitsamtes

§ 2 Absatz 3 Nr. 1 und 2 - Kompetenzaufteilung RKI/ BIPAM

Der Mehrwert der avisierten Aufteilung der Public Health-Kompetenzen auf zwei Institute (RKI überwiegend für Infektionskrankheiten, BIPAM für nicht-übertragbare Krankheiten) ist nicht nur international ohne Vorbild, sondern auch fachlich nicht zu begründen und provoziert Doppelstrukturen, Reibungsverluste und mühsam-künstliche Abgrenzungsversuche und Zuständigkeitsdebatten. Die im Referentenentwurf gemachte Ankündigung, “die Zuständigkeit für nicht-übertragbare Krankheiten, die in Zusammenhang mit übertragbaren Krankheiten stehen”, werde beim RKI verbleiben, zeigt dies bereits deutlich. Zudem überschneiden sich die Entstehungsbedingungen übertragbarer und nicht-übertragbarer Erkrankungen maßgeblich und der soziale Gradient in Morbidität und Mortalität zeigt sich sowohl bei übertragbaren als auch bei nicht-übertragbaren Erkrankungen. Insofern sollte man die in Deutschland bewährte Arbeitsteilung zwischen Ursachenforschung und Sozialepidemiologie (RKI) einerseits und Interventions- und Anwendungsforschung sowie Gesundheitskommunikation und Aufklärung (bislang BZgA, weiterzuführen und auszubauen im künftigen Bundesinstitut) andererseits aus Sicht der BAGFW dringend beibehalten. Die zielgruppenspezifische Gesundheitskommunikation setzt Kompetenzen und Netzwerkarbeit weit über den medizinischen Bereich hinaus voraus und kann nur gelingen, wenn diese nicht durch eine Engführung auf epidemiologische und medizinische Fragen überformt wird.

Mit Blick auf die strategisch-inhaltliche Ausrichtung des Bundesinstituts sollte zudem der Fokus auf einzelne Krankheiten dringend vermieden werden. Ein krankheitsbezogener Ansatz auf Basis von Sterbefallzahlen/ Mortalitätsraten (z.B. bei Krebs, Demenz und Herz-/ Kreislauferkrankungen) greift zu kurz, da die Häufung der Todesfälle innerhalb dieser Krankheitsgruppen bei insgesamt steigender Lebenserwartung zum einen nicht überrascht und zum anderen zur Folge hat, dass die Morbidität als wichtige Maßzahl für den Vergleich der Krankheitslast in den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen aus dem Blickfeld gerät. So wirken einige chronisch-degenerative Erkrankungen (wie z.B. Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates, Atemwegserkrankungen, Depressionen) nicht zwangsläufig lebenszeitverkürzend, schränken die Betroffenen dennoch und zumeist über einen langen Zeitraum in ihrer Gesundheits- und Lebensqualität erheblich ein.

Prävention und Gesundheitsförderung wirken i.S.d. Ressourcenstärkung grundsätzlich krankheitsunspezifisch. Sinnvoller wären daher Schwerpunkte auf besonders belastete und belastende Lebenswelten und vulnerable Gruppen. Diese Perspektive lässt der vorliegende Entwurf nahezu gänzlich vermissen und wurde bereits hinreichend, so u. a. auch durch die Public Health-Experten Prof. Dr. Rolf Rosenbrock und Prof. Dr. Raimund Geene, skizziert und durch zahlreiche Fachverbände und Einzelpersonen unterstützt[2]. Die vorhandene Expertise innerhalb der zivilgesellschaftlichen und Public Health-Community sollte im weiteren Prozess unbedingt verbindlicher mit einbezogen und berücksichtigt werden. Auch die in der BAGFW zusammengeschlossenen Verbände stehen hierfür als Ansprechpartner immer gerne zur Verfügung.

C. Weitere Hinweise und Ergänzungs-/ Änderungsbedarfe

Public Health-Leitlinien

Im Referentenentwurf wird angekündigt, das neue Institut werde den ÖGD bei der Erstellung von evidenzbasierten Handlungsempfehlungen und Leitlinien unterstützen. Diese Aufgabe sollte auch über den Bereich des ÖGD hinweg ausgebaut und weiterentwickelt werden. Die Erarbeitung von evidenzbasierten Public Health-Leitlinien, wie sie z. B. in Großbritannien bereits lange etabliert sind, stehen in Deutschland noch in den Anfängen. Hier sollte ein wichtiger Schwerpunkt des neuen Instituts liegen.

Schwangerschaft/ reproduktive Gesundheit

Die BZgA, die im BIPAM aufgehen soll, ist seit Jahren eine Behörde, deren Auftrag wesentlich durch Aufgaben geprägt ist, die vom BMFSFJ gesetzlich gestaltet und im Sinne eines umfassenden sozialpsychologischen Präventionsauftrags entwickelt wurden. Diese Qualität droht in dem neuen Bundesinstitut unterzugehen und von einem Konzept stark medizinisch gedachter Prävention enggeführt zu werden. Das betrifft die Frühen Hilfen einerseits, Aufklärung, Verhütung und Familienplanung andererseits. Im SchKG wird der BZgA zu letzterem eine besondere Rolle zugewiesen. Es heißt dort in § 1: „Die für gesundheitliche Aufklärung und Gesundheitserziehung zuständige Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erstellt unter Beteiligung der Länder in Zusammenarbeit mit Vertretern der Familienberatungseinrichtungen aller Träger zum Zwecke der gesundheitlichen Vorsorge und Vermeidung und Lösung von Schwangerschaftskonflikten Konzepte zur Sexualaufklärung, jeweils abgestimmt auf die verschiedenen Akteure und Personengruppen.“ Dieser umfassende integrative Ansatz setzt ein Public Health-Konzept voraus, das mit dem im Referentenentwurf skizzierten nicht zusammenpasst. Der Konflikt kann nur durch eine völlige Neukonzeption des BIPAM, an dem auch Länder und freie Träger der Schwangerschafts- und Familienberatungsstellen beteiligt werden, aufgelöst werden. Die über das BIPAM-Konzept hinausweisende und in ihm unter falsche Vorzeichen gesetzte Arbeit der BZgA wird auch in § 1a SchKG sichtbar. Dort heißt es weiterführend: „Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erstellt […] Informationsmaterial zum Leben mit einem geistig oder körperlich behinderten Kind und dem Leben von Menschen mit einer geistigen oder körperlichen Behinderung. Das Informationsmaterial enthält den Hinweis auf den Rechtsanspruch auf psychosoziale Beratung nach § 2 und auf Kontaktadressen von Selbsthilfegruppen, Beratungsstellen sowie Behindertenverbände und Verbände von Eltern behinderter Kinder.“

Deutschland ist durch die Arbeit der BZgA international vorbildlich aufgestellt – Aufklärung, Verhütung und Familienplanung sind Teil eines erfolgreichen ganzheitlichen Schutzkonzeptes, das ungewollte Schwangerschaften verhindert und dabei weder auf einen rein medizinischen Ansatz noch auf eine rein schulische Konzeption der Aufklärung setzt. Wir sehen mit großer Sorge, dass die konzeptionelle Ausrichtung durch die Zusammenführung in dem vom BMG konzipierten BIPAM verlorengeht – und das ohne Zustimmungspflicht des Bundesrates. Die Rolle der Länder wird sowohl bei den Aufgaben nach dem SchKG sowie bei der Entwicklung eines überzeugenden Public Health-Ansatzes insgesamt nicht gesehen. Wir sehen die Rolle und Stärke der BZgA in der Aufklärung und Verhütung, in der Prävention sowie der Stärkung des Rechts auf reproduktive Gesundheit durch die starke medizinische Fokussierung des neuen Instituts in Gefahr.

Suchtprävention

Auch im Bereich der Suchtprävention nimmt die BZgA wichtige gesetzliche Aufgaben wahr. Diese sind nicht zuletzt durch die Cannabis-Neuregulierung von besonderer Bedeutung und müssten in enger Abstimmung mit der Kinder- und Jugendarbeit konzeptionell und finanziell gestärkt werden. Wie dies im BIPAM gelingen kann und soll, bleibt im Gesetzentwurf unsichtbar. Insbesondere eine entsprechende finanzielle Stärkung ist nicht erkennbar. Bei der Ausarbeitung von Konzepten/ Leitlinien der Suchtprävention sind die Träger und Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, u.a. der Suchthilfe und Sucht-Selbsthilfe unbedingt umfassend einzubeziehen.

Frühe Hilfen/ Kinder- und Jugendschutz/ sexualisierte Gewalt

Wie die seit 2007 bestehende Kooperation zwischen BZgA und dem Deutschen Jugendinstitut (DJI), auf der das Nationale Zentrum für Frühe Hilfen basiert, sinnvoll in das BIPAM überführt werden kann und soll, bleibt im Gesetzentwurf ebenfalls unsichtbar. Es besteht die Sorge, dass die gesellschaftlich immer wichtigere Aufgabe der Frühen Hilfen in der vorliegenden Konzeption des BIPAM unter die Räder gerät. Die mit verschiedenen Arbeitsbereichen und konkreten Arbeitsaufträgen ausgestattete, sehr erfolgreiche und inzwischen erweiterte Ausrichtung des Zentrums für Frühe Hilfen droht in Gefahr zu geraten, weil und wenn sich die Adressat*innen nicht mehr wirklich angesprochen fühlen. Das betrifft u.a. das Lernen aus problematischen Kinderschutzverläufen und die Begleitung der Bundesstiftung Frühe Hilfen.

Darüber hinaus soll mit dem Referentenentwurf des BMFSFJ für ein Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen die Prävention, Aufklärung, Sensibilisierung und Qualitätsentwicklung im Kinderschutz gestärkt werden, was grundsätzlich zu begrüßen ist. Die gesetzliche Zuweisung dieses Auftrages an die BZgA bewertet die BAGFW mit Blick auf den hier vorliegenden Referentenentwurf kritisch.

Zwar soll dabei die Beteiligung von im Kinder- und Jugendschutz sowie in der Eingliederungshilfe tätigen Institutionen und Verbänden und spezialisierten Fachstellen vorgesehen werden. Zur Verbesserung des präventiven Schutzes vor sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ist es aber zumindest notwendig, neben einer intensiven Beteiligung von Kindern und Jugendlichen selbst auch zivilgesellschaftliche Akteure aus den Bereichen Kinder- und Jugendhilfe, Schule, Sport und Gesundheitswesen einzubeziehen, die oftmals eine noch größere Reichweite in die Lebenswelt von jungen Menschen haben. Das kann in einem BIPAM nicht gelingen, das einem enggeführten Public Health-Verständnis folgt.

Es gibt bundesweit viele etablierte und qualifizierte Angebote und Strukturen, die sich diesen Aufgaben seit Jahrzehnten widmen. Mit dem Auftrag des vorliegenden Entwurfes, die Schutzkonzeptverpflichtung auf sämtliche Bereiche der Kinder- und Jugendhilfe bzw. auf sämtliche Angebote an Kinder und Jugendliche auszuweiten, wird diese Arbeit noch einmal bundesweit institutionalisiert. Fraglich ist jedoch, ob eine Beförderung von Parallelstrukturen über die Beauftragung der BZgA bzw. künftig des BIPAM sinnvoll ist. Zu empfehlen ist hier stattdessen, Ergänzungsmöglichkeiten über Angebote der BZgA bzw. des zu errichtenden Bundesinstituts auszuloten, ansonsten viel mehr bestehende Strukturen hinsichtlich des gesetzlich formulierten Auftrags regelhaft zu stärken.

 


[1] https://www.der-paritaetische.de/alle-meldungen/hinter-offenem-brief-zum-bipam-vereinen-sich-mehr-als-150-organisationen-und-einzelpersonen/

[2] https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/a-2052-2340