Jahresbericht 2023 des Fachausschusses Kinder, Jugend, Familie und Frauen
Der Fachausschuss tagte im Jahr 2023 drei Mal und arbeitete intensiv in vielen Fragen rund um die Kinder- und Jugendhilfe, die Frauen- und Gleichstellungspolitik sowie zu familienpolitischen Themen zusammen.
Der wachsende Bedarf an Fachkräften in den Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe wurde u. a. durch ein Fachgespräch im Rahmen einer Ausschusssitzung diskutiert. Als Gäste wurden Dr. Anja Bauer vom IAB mit einem Input zur aktuellen Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt und Nora Damme aus dem BMFSFJ zur Fachkräftestrategie Kita und Ganztag eingeladen. Es wurde deutlich, dass es in unseren Einrichtungen und Diensten längst nicht mehr (nur) darum geht, neue Fachkräfte zu gewinnen, sondern auch diejenigen zu halten, die bereits im Feld arbeiten. Es droht die Gefahr, dass vor Ort Rechtsansprüche nicht erfüllt werden können oder gar, wie im Falle unbegleiteter minderjähriger Ausländer:innen (umA), Rechtsansprüche abgebaut werden könnten.
Das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in Armut wurde in vielerlei Hinsicht diskutiert. Der koordinierende Referent für die Kindergrundsicherung im BMFSFJ, René Wendt, berichtete in einer Sitzung vom aktuellen Stand der Debatte. Aus dem Ausschuss heraus wurde anschließend eine gemeinsame Pressemitteilung der BAGFW koordiniert. Unter den Verbänden herrscht große Einigkeit darüber, dass eine Kindergrundsicherung, die Armut abbaut und den Zugang zu monetären Leistungen verbessert, dringend gebraucht wird.
Die Unterbringung und Versorgung unbegleiteter minderjähriger Ausländer:innen (umA) war in mehrfacher Hinsicht Thema im Fachausschuss: in Bezug auf die nötigen, aber fehlenden Fachkräfte, die (zumeist) Jugendlichen sehen sich großen Herausforderungen konfrontiert, ebenso wie die Jugendhilfe, die mit ihren knappen Kapazitäten versucht, adäquat den verschiedenen Bedarfen zu begegnen. So hat sich der Fachausschuss intensiv zu Erfahrungen der Verbände ausgetauscht und das Thema in politische Gespräche eingebracht
Die schwierigen Haushaltsverhandlungen auf der Bundesebene haben auch Auswirkungen auf die unmittelbare Arbeit der Wohlfahrtsverbände. So hat sich der Fachausschuss intensiv mit dem Kinder- und Jugendplan (KJP), der zentralen Förderlinie der Bundesregierung für u.a. die Jugendsozialarbeit und die zentrale Infrastruktur auf Bundesebene im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe, auseinandergesetzt und ein Gespräch der BAGFW-Finanzkommission mit der zuständigen Abteilungsleiterin im BMFSFJ Jana Borkamp vorbereitet. Ziel der gemeinsamen Aktivitäten, die auch 2024 fortgesetzt werden, ist die Sicherung der Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe durch eine fortgesetzte Finanzierung.
Weitere Themen, die 2023 im Rahmen von Sitzungen des Fachausschuss diskutiert wurden, waren der Nationale Aktionsplan Jugendbeteiligung, die Empfehlungen des unabhängigen Beirats beim BMFSFJ für die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf, das Bundesfinanzierungsgesetz für den Frauengewaltschutz, das Selbstbestimmungsgesetz, die anstehenden Reformen von Sorge-, Umgangs- und Unterhaltsrecht, die Digitalisierung in der Kinder- und Jugendhilfe, das Bundesprogramm Mental Health Coaches, der Schutz von Mitarbeiter:innen vor Hate Speech rechter Gruppierungen, Vormundschaftsvereine, reproduktive Rechte und der Umgang mit dem § 218 Strafgesetzbuch, Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit, Familienstartzeitgesetz und die Beteiligung der Verbände am Ergänzenden Hilfesystem im Rahmen des Rundes Tisches zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen.
Beteiligung AG Inklusives SGB VIII
Im Jahr 2023 wurde der Beteiligungsprozess „Gemeinsam zum Ziel“ beim BMFSFJ zur Ausgestaltung eines inklusiven Kinder- und Jugendhilfegesetzes fortgesetzt und im Dezember beendet. Die BAGFW hat dazu eine Begleit-AG eingesetzt und war mit fünf Mandaten und Stellvertretungen (aus den Fachausschüssen KJFF und Teilhabe von Menschen mit Behinderung) in der AG Inklusives SGB VIII vertreten, sowie mit einem Mandat in der Unter-AG Daten und Statistik. Die Begleit-AG hat zu den jeweiligen Arbeitspapieren der vier inhaltlichen Sitzungen der AG Inklusives SGB VIII Kommentierungen erstellt und sich somit schriftlich wie mündlich den Beteiligungsprozess genutzt.
UAG Kita
Als Unterarbeitsgruppe des Fachausschusses befasst sich die UAG mit sämtlichen Themen und Vorhaben im Bereich der Kindertagesbetreuung. Es finden regelmäßige Gespräche zu aktuellen Gesetzesvorhaben, Programmen oder Aktivitäten mit den entsprechenden Referaten im BMFSFJ statt. Um sich im Kontext der Fachkräftedebatte mit einer weiteren Facette von Fachkräftegewinnung zu befassen, hat die UAG Kita zum Austausch mit Vertreter:innen der drei großen Fachschulverbände für die Ausbildung von Erzieher:innen eingeladen.
Ad hoc AG Ganztagsbetreuung
Um die Debatten rund um den anstehenden Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern fokussierter zu begleiten, wurde im Jahr 2023 eine Ad hoc AG Ganztag errichtet. Diese AG stellt eine gemeinsame verbändeübergreifende Basis für Fragen und Entwicklungen rund um den Ganztag, der Qualitätsforderung sowie bezüglich der benötigen Fachkräften dar. Im Rahmen des Ganztagskongresses (April 2023) von BMFSFJ und BMBF hat die AG das Fachforum „Perspektive der freien Träger bei der Ausgestaltung vielfältiger Angebote“ durchgeführt. Unterschiedliche Angebotsformate aus den Verbänden wurden in diesem Fachforum als gute Beispiele präsentiert.
Stellungnahmen und weitere Lobbyarbeit
Der Fachausschuss hat sich durch fachpolitische Stellungnahmen in politische Debatten eingebracht: Es wurde ein stellungnehmender Brief anlässlich der Empfehlung der Europäischen Kommission für ein EU-Elternzertifikat formuliert, zur Stellungnahme zum Transformationsbericht der Bundesregierung zugearbeitet, eine weitere Zuarbeit erfolgte zur Stellungnahme zum Nationalen Reformprogramm. Zum Nationalen Aktionsplan „Neue Chancen für Kinder“ wurde eine umfangreiche Stellungnahme ausgearbeitet. Insgesamt vier Kommentierungen wurden zu den jeweiligen AG-Runden im Rahmen der Reform zu einem inklusiven SGB VIII verfasst. Zudem wurden sechs Briefings für politische Gespräche auf Ebene der Verbandsspitzen erarbeitet.